"Bei gerechtfertigten Sorgen haben Sie das Recht auf Gratis-Storno."
Rechtsanwalt Mag. Matthias Strohmayer, LL.M.
- zuletzt aktualisiert am 15. März 2020 -
Update: Infolge der ausgesprochenen Reisewarnung für die ganze Welt können Flüge jedenfalls kostenlos storniert werden. Für die Zeit davor gilt: Es kommt auf das Ziel Ihres Flugs an. Wenn am Zielort bereits einschneidende Maßnahmen ergriffen worden sind (insb. Schließung von Schulen, wie das am 4.3. für ganz Italien angeordnet wurde) ist das jedenfalls Grund genug, dass Sie Ihren Flug kostenlos stornieren hätten können und den Preis zurückerhalten hätten müssen - ist das nicht geschehen würde ich die Rückforderung des bezahlten Preises oder auch nur allenfalls verrechneter Storno-Gebühren im Nachhinein empfehlen. Allerdings sollte das erst nach Vorbeigehen der derzeitigen Überlastungen und kritischen Situation geschehen; Verjährungsgefahr besteht keine - derartige Rückforderungsansprüche verjähren frühestens zwei Jahre nach dem Flug (bei dieser Angabe wurde vorsichtshalber auf die in den AGB der Flugunternehmen regelmäßig vereinbarte 2-Jahres-Frist abgestellt; voraussichtlich ist diese aber unwirksam und von einer 3-Jahres-Frist auszugehen!).
Jetzt zu den Details: Wo liegt die Grenze zwischen unzumutbaren Risken (=kostenlose Stornierung möglich) und zumutbaren Risken (=keine kostenlose Stornierung möglich)? Nach der zu Terroranschlägen und Naturkatastrophen ergangenen Rechtsprechung ist das eine Frage des Einzelfalles, die nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden kann (RS0111962). Zu berücksichtigen sind hierbei insb. seriöse Medienberichte und Informationssendungen in Rundfunk und Fernsehen sowie in anerkannten Zeitungen - diese dürfen nicht einfach abgetan werden (vgl. 1 Ob 257/01b). Hierbei spricht die „historische Einzigartigkeit“ eines Risikos eher gegen die Zumutbarkeit (Risiko nicht abschätzbar und Verunsicherung nachvollziehbar; vgl. 6 Ob 145/04y). Wenn es sich allerdings um ein Risiko handelt, vor dem Sie auch in Ihrem Heimatland "nicht gefeit" sind (vergleichbare Situation), ist Ihnen dieses eher zumutbar (vgl. 9 Ob 42/04y). Steht der Antritt der Reise nicht unmittelbar bevor, ist es auch durchaus zuzumutbar, vorerst die weitere Entwicklung abzuwarten (1 Ob 257/01b). Zusammengefasst: Übertrieben ängstlich darf man nicht sein. Erst wenn "viele andere" auch Angst bekommen (bzw. in dieser Situation ähnlich handeln würden), darf kostenlos storniert werden.
Derzeit (Informationsstand 7.3.2020) ist es allerdings so, dass laut Austrian Airlines die Hälfte aller Passagiere ihre Tickets verfallen lassen. Es ist daher eindeutig, dass ein Flug in dieser Situation auch für durchschnittliche (weder besonders ängstlichen noch besonders mutige) Reisende zu gefährlich erscheint. Die Geschäftsgrundlage ist somit eindeutig weggefallen und der Flug kann kostenlos storniert werden.
Hinweis: 100%-Sicherheit gibt es allerdings noch nicht, da zu diesem speziellen Fall noch keine gerichtliche Entscheidung vorliegt.
Was gilt daher im vorliegenden Fall (Coronavirus)? Die Ausbreitung und Maßnahmen sind gegenständlich historisch einzigartig. Für Orte mit höherer Infektionsrate, wo bereits weitergehende (einschneidendere) Maßnahmen getroffen wurden (Schließung von Schulen, großflächige Anordnung von Isolationen) muss die Airline daher - auch ohne offizielle Reisewarnung - Ihren Rücktritt akzeptieren und sämtliche bezahlten Kosten zurückerstatten. Dafür spricht insb. auch, wenn Sie aufgrund nachvollziehbarer Medienberichte fürchten müssen, im Fall des Antritts der Reise womöglich nur mehr erschwert ins Inland zurückkehren zu können (Reisebeschränkungen). In diesen Fällen können Sie innerhalb eines Monats vor Reisebeginn kostenlos das Storno erklären. Das alles gilt auch ohne offizielle Reisewarnung.
Jedenfalls kostenlos stornieren dürfen Sie den Flug übrigens natürlich dann, wenn das Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten für Ihren Zielort eine klare Reisewarnung ausgesprochen hat (dann gibt es keine Diskussion). Ob das der Fall ist, können Sie hier in Erfahrung bringen.
Was ist der nächste Schritt, wenn Ihnen der Flug nicht mehr zumutbar erscheint:
Wenden Sie sich an die Airline und erkundigen Sie sich, ob diese eine kostenlose Stornierung freiwillig akzeptiert (eine kostenpflichtige Stornierung ist bei Bezahlung einer zusätzlichen Storno-Gebühr ohnehin immer möglich). Ein Musterschreiben an die Airline/den Reiseveranstalter finden Sie hier.
Weiterführende Informationen anfordern unter der Hotline (zum Ortstarif) +43 1 402 48 48 oder unter office@strohmayer-rechtsanwalt.at.
Rechtsanwalt Mag. Matthias Strohmayer, LL.M.
- zuletzt aktualisiert am 5. März 2020 -
Update: Infolge der ausgesprochenen Reisewarnung für die ganze Welt können Flüge jedenfalls kostenlos storniert werden. Für die Zeit davor gilt: Es kommt auf das Ziel Ihres Flugs an. Wenn am Zielort bereits einschneidende Maßnahmen ergriffen worden sind (insb. Schließung von Schulen, wie das am 4.3. für ganz Italien angeordnet wurde) ist das jedenfalls Grund genug, dass Sie Ihren Flug kostenlos stornieren hätten können und den Preis zurückerhalten hätten müssen - ist das nicht geschehen würde ich die Rückforderung des bezahlten Preises oder auch nur allenfalls verrechneter Storno-Gebühren im Nachhinein empfehlen. Allerdings sollte das erst nach Vorbeigehen der derzeitigen Überlastungen und kritischen Situation geschehen; Verjährungsgefahr besteht keine - derartige Rückforderungsansprüche verjähren frühestens zwei Jahre nach dem Flug (bei dieser Angabe wurde vorsichtshalber auf die in den AGB der Flugunternehmen regelmäßig vereinbarte 2-Jahres-Frist abgestellt; voraussichtlich ist diese aber unwirksam und von einer 3-Jahres-Frist auszugehen!).
Jetzt zu den Details: Wo liegt die Grenze zwischen unzumutbaren Risken (=kostenlose Stornierung möglich) und zumutbaren Risken (=keine kostenlose Stornierung möglich)? Nach der zu Terroranschlägen und Naturkatastrophen ergangenen Rechtsprechung ist das eine Frage des Einzelfalles, die nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden kann (RS0111962). Zu berücksichtigen sind hierbei insb. seriöse Medienberichte und Informationssendungen in Rundfunk und Fernsehen sowie in anerkannten Zeitungen - diese dürfen nicht einfach abgetan werden (vgl. 1 Ob 257/01b). Hierbei spricht die „historische Einzigartigkeit“ eines Risikos eher gegen die Zumutbarkeit (Risiko nicht abschätzbar und Verunsicherung nachvollziehbar; vgl. 6 Ob 145/04y). Wenn es sich allerdings um ein Risiko handelt, vor dem Sie auch in Ihrem Heimatland "nicht gefeit" sind (vergleichbare Situation), ist Ihnen dieses eher zumutbar (vgl. 9 Ob 42/04y). Steht der Antritt der Reise nicht unmittelbar bevor, ist es auch durchaus zuzumutbar, vorerst die weitere Entwicklung abzuwarten (1 Ob 257/01b). Zusammengefasst: Übertrieben ängstlich darf man nicht sein. Erst wenn "viele andere" auch Angst bekommen (bzw. in dieser Situation ähnlich handeln würden), darf kostenlos storniert werden.
Derzeit (Informationsstand 7.3.2020) ist es allerdings so, dass laut Austrian Airlines die Hälfte aller Passagiere ihre Tickets verfallen lassen. Es ist daher eindeutig, dass ein Flug in dieser Situation auch für durchschnittliche (weder besonders ängstlichen noch besonders mutige) Reisende zu gefährlich erscheint. Die Geschäftsgrundlage ist somit eindeutig weggefallen und der Flug kann kostenlos storniert werden.
Hinweis: 100%-Sicherheit gibt es allerdings noch nicht, da zu diesem speziellen Fall noch keine gerichtliche Entscheidung vorliegt.
Was gilt daher im vorliegenden Fall (Coronavirus)? Die Ausbreitung und Maßnahmen sind gegenständlich historisch einzigartig. Für Orte mit höherer Infektionsrate, wo bereits weitergehende (einschneidendere) Maßnahmen getroffen wurden (Schließung von Schulen, großflächige Anordnung von Isolationen) muss die Airline daher - auch ohne offizielle Reisewarnung - Ihren Rücktritt akzeptieren und sämtliche bezahlten Kosten zurückerstatten. Dafür spricht insb. auch, wenn Sie aufgrund nachvollziehbarer Medienberichte fürchten müssen, im Fall des Antritts der Reise womöglich nur mehr erschwert ins Inland zurückkehren zu können (Reisebeschränkungen). In diesen Fällen können Sie innerhalb eines Monats vor Reisebeginn kostenlos das Storno erklären. Das alles gilt auch ohne offizielle Reisewarnung.
Jedenfalls kostenlos stornieren dürfen Sie den Flug übrigens natürlich dann, wenn das Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten für Ihren Zielort eine klare Reisewarnung ausgesprochen hat (dann gibt es keine Diskussion). Ob das der Fall ist, können Sie hier in Erfahrung bringen.
Was ist der nächste Schritt, wenn Ihnen der Flug nicht mehr zumutbar erscheint:
Wenden Sie sich an die Airline und erkundigen Sie sich, ob diese eine kostenlose Stornierung freiwillig akzeptiert (eine kostenpflichtige Stornierung ist bei Bezahlung einer zusätzlichen Storno-Gebühr ohnehin immer möglich). Ein Musterschreiben an die Airline/den Reiseveranstalter finden Sie hier.
Weiterführende Informationen anfordern unter der Hotline (zum Ortstarif) +43 1 402 48 48 oder unter office@strohmayer-rechtsanwalt.at.
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